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Flüchtlingshilfe in der Türkei

Mehr über unsere Einsätze in der Türkei erfahren Sie in unserem Blog.

Unterstützung syrischer Flüchtlinge in Izmir

Das community center TIAFI ( www.tiafi.org ) am Rand von Izmir leistet seit 2017 einen engagierten und substanziellen Beitrag zur Integration syrischer Geflüchteter in die türkische Gesellschaft. Mit nur wenigen Mitarbeitern schaffen sie in einem alten Fabrikgebäude des Tepicek-Viertels eine Infrastruktur, die vom Sprachkurs bis zur Physiotherapie für vom Krieg versehrte Kinder konkrete Integration erst ermöglicht. Besonders Frauen stehen im Zentrum der Kurse und Seminare: Hilfe zu Empowerment bei Bildung, Arbeitssuche, Gesundheitsvorsorge. Niedrigschwellige Angebote wie Nähkurse und ein Informations-Notdienst ziehen eine breite Palette von Zielgruppen an.
Von medizinischer Versorgung bis zur täglichen, kostenlosen Gemeindeküche, sind die Angebote für Geflüchtete und die umliegende ebenfalls hilfebedürftige türkische Bevölkerung gleichermaßen gewollt und genutzt. Derzeit werden etwa 300 Familien mit Nahrungsmittelpaketen unterstützt. So werden auf ganz praktische Art Berührungsängste abgebaut – und Vorurteile, etwa daß Geflüchtete bevorzugt werden, gleich im Ansatz verhindert.
In der Vergangenheit bekam das Gemeindezentrum TIAFI gerade genug Unterstützung, um seine Angebote zu erhalten. In Folge der Corona bedingten und politischen Krisensituation haben sich die europäischen Unterstützer massiv zurück gezogen und auch die Türkei hat die Unterstützung der offiziell registrierten Flüchtlinge reduziert bzw. eingestellt. Da sich gleichzeitig auf Grund der Maßnahmen zur Eindämmung eines Infektionsrisikos keine Arbeitsmöglichkeiten mehr bieten und die Betroffenen nicht über Ersparnisse verfügen, wissen die Menschen nicht , wie sie sich und ihre Kinder ernähren sollen. Mit Ihrer Hilfe versuchen wir Tiafi und seine vielseitigen Projekte am Leben zu erhalten.

Syrische Flüchtlinge in den Lagern außerhalb der Städte

Die meisten syrischen Flüchtlinge in der Westtürkei halten sich vor den Türen von Torbali in wilden Lagern auf und warten auf eine Änderung der Verhältnisse, um in ihre Heimat zurück zu kehren. Die Zeltlager befinden sich versteckt von den Blicken der Straßen und abseits der Siedlungen. Selbst halbeingestürzte Ruinen in der Landschaft werden als Wohnraum genutzt. Vor allem Frauen und Kinder werden wegen ihrer Sorgsamkeit bei der Feldarbeit zur Ernte von Früchten und Beeren geschätzt und verdienen so ein überschaubares Einkommen. Die Männer kommen bei schwerer Arbeit zum Einsatz. Diese Einkünfte sind jedoch saisonabhängig und reichen gerade für die nötigsten Lebensmittel. Die fehlende Infrastruktur aus fließendem Wasser, Strom, medizinischer Versorgung und sanitären Einrichtungen erschweren die Lebensverhältnisse. Ausbeutende Strukturen und patriarchische Systeme zehren an den Möglichkeiten der Menschen. Auch hier engagiert sich das Avicenna Hilfswerk durch die Versorgung mit Kleidung, Drogerieartikeln und Nahrung sowie die Einrichtung von Unterricht auf Arabisch und Nachhilfe auf Türkisch, um die Kinder durch eine grundlegende Bildung auf eine eventuelle Rückkehr in ihre Heimat vorzubereiten und durch die Lehre in der türkischen Sprache eine Perspektive zu geben, um in der Türkei die Schule besuchen zu können.

Weitere Informationen finden Sie in den Beiträgen unseres Blog.

 

 

Zeitbezogener Überblick über die Lage:

Izmir 2018/2019

In der Türkei leben zur Zeit etwa 3,5 Millionen syrische Flüchtlinge (Welt/September 2018). Davon sind knapp 3 Millionen offiziell registriert. Dazu kommen Millionen anderer Flüchtlinge aus Afghanistan, dem Iran oder aus Afrika. Die meisten  sind auf sich selbst angewiesen. Es gibt auch nur wenige NGO`s die helfen. Wir finanzieren in Izmir einen syrischen Physiotherapeuten, der in den Räumen einer befreundeten NGO, Tiafi, die zahlreichen versehrten  Kriegsopfer, insbesondere viele Kinder betreut. Bei Bedarf besorgen wir orthopädische Hilfsmittel oder unterstützen besonders bedürftige Familien finanziell. Während die Flüchtlinge in Izmir meist in irgendwelchen Häusern untergekommen sind, leben die meisten Syrer in der Umgebung der südlichen Nachbarstadt Torbali  weiterhin in Zeltlagern. Dort haben wir seit einigen Jahren einen Klassenraum eingerichtet und finanzieren einen Lehrer. Die Kinder können inzwischen alle lesen und schreiben und neu ankommende Flüchtlingsfamilien schlagen ihre Zelte am liebsten in der Umgebung unserer Schule auf, um ihre Kinder, wenn sie nicht auf den Feldern arbeiten, dorthin zu schicken. Geplant ist eine umfassender Unterstützung von Tiafi. Dort werden zur Zeit noch täglich 100 Mahlzeiten für bedürftige Türken und Flüchtlinge zubereitet und es gibt einen großen Kindergarten. Aktuell haben wir Anfang 2019 zusammen mit der NGO der Musketiere für den Transport der Kinder, Einkäufe und Krankenfahrten etc. einen Transporter gekauft.

 2016/2017

In der Westtürkei  leben viele Tausend syrische Flüchtlinge in einfachsten Verhältnissen in Zeltlagern. Bei unserem ersten Besuch Ende 2015 konnten wir zunächst ein kleineres Lager mit achtundzwanzig Familien finden. Sie waren in zwei Lagerhäusern untergebracht. Hier konnten wir regelmäßig medizinische Hilfe leisten und die Menschen mit Nahrung etc. unterstützen. Am letzten Tag unseres ersten Aufenthaltes erfuhren wir von zwei großen Camps, in dem ca. 500 bzw. 1.000 Menschen leben. Wir verschickten Fotos und Hilfegesuche an verschiedene Hilfsorganisationen. In der Folge gab es eine Unterstützung von verschiedenen Hilfsgruppen, wie İmece İnisiyatifi Çeşme.

Zusammen mit unserer Freundin Iris Paul aus Çesme leistet Avicenna regelmäßig Hilfe durch Versorgung mit Lebensmitteln und Hilfsgütern. Wir konnten auch mehrfach die Camps medizinisch versorgen.

Die Lage hat sich seit dem europäisch-türkischen Abkommen auch in der Türkei radikal geändert. In Çeşme gibt es so gut wie keine Flüchtlinge mehr und die Zahl der Camps in der Umgebung ist zum Jahresende 2016 auf über 45 gestiegen. Bei unserem Besuch Ende 2016 haben wir das erste Schulprojekt für Torbali eingeleitet.

 

Über die türkische Grenze nach Syrien /2016

Zwischenzeitlich haben wir über syrische Freunde von der türkischen Seite aus direkt in Syrien helfen können, wo eine Entspannung der katastrophalen Lage leider nicht in Aussicht ist. In einem Lager unweit der türkischen Grenze leben mehr als eine halbe Millionen Menschen in Zeltlagern. Wir konnten Hilfstransporte sowohl in die grenznahen Lager als auch nach Aleppo unterstützen.

 

Osttürkei / 2016 bis Frühjahr 2017

Avicenna hat für die syrischen Flüchtlinge in der Osttürkei bis Frühjahr 2017 in Zusammenarbeit mit einem syrischen Helfer Nahrungsmittel, Zelte, etc. organisiert. In etwa vier bis sechswöchigem Abstand sind Bita und Khalil Kermani mit Freunden sowie auch eine befreundete deutsche Ärztin dort medizinisch tätig gewesen. Wir verteilten in großen Mengen Lebensmittel und andere Hilfsgüter und  es wurde ein Schulprojekt von uns gegründet.

Die Unterstützung in der Osttürkei wird jetzt von den Organisationen „Khalsa Aid“ und „3 Musketiere“ fortgesetzt und so kann sich Avicenna wieder auf die Hilfe in der Westtürkei konzentrieren.

 

Çeşme – Herbst und Winter 2015/2016 :

In der Nähe von Çeşme warteten die Menschen je nach Wetterlage und Kontrollen der türkischen Küstenwache manchmal zehn bis zwanzig Tage auf die oft lebensgefährliche Überfahrt in überfüllten Schlauchbooten zur nur acht Kilometer entfernten, griechischen Insel Chios. Nach vier Stunden Fußmarsch von der Bushaltestelle zum „Schmugglercamp“ wurden sie bis Anfang 2016 familien- und gruppenweise in völlig verdreckten Bauruinen auf einem Müllhalde ähnlichem Grundstück am Ufer gegenüber von Chios untergebracht.

Wir haben im Dezember 2015 und Januar 2016 als erste Ärzte die medizinische Versorgung von bisweilen über Tausend, vorwiegend afghanischer Flüchtlinge übernommen und auch versucht, ihre Unterbringung ein wenig menschenwürdiger zu machen. Natascha Köhler, Intensivkrankenschwester aus Ravensburg und Iris Paul aus Çeşme haben uns dabei wunderbar geholfen.

Iris kümmerte sich danach auch als ständige Kontaktperson von Avicenna in Zusammenarbeit mit der einheimischen Hilfsgruppe Imece um die Betreuung der Flüchtlinge dort und hat als Webdesignerin dankenswerter Weise die professionelle Aufarbeitung unserer Webseite übernommen.

Im Januar wurde das Gelände von der Polizei geräumt und der Zugang abgesperrt. Danach warteten die Menschen auf ihre Überfahrt nach Chios teilweise in Pensionen, oft zehn bis zwölf Personen in einem Zweibettzimmer. Die Einheimischen, insbesondere Ali und die Gruppe İmece İnisiyatifi Çeşme versorgten weiterhin täglich die Menschen dort mit Nahrung und Kleidung. Wir haben viele Kinder mit hoch fieberhaften Infekten tagsüber auf Parkbänken gefunden. Die medizinische Versorgung in Çeşme wurde  zwischenzeitlich auch von freiwilligen Krankenschwestern und Medizinstudenten übernommen. Bei Notfällen organisierte das Team von Imece eine kostenlose Behandlung im Krankenhaus.

Wir hatten den großen Vorteil, dass unsere Muttersprache farsi dem afghanischen dari  sehr verwandt ist und so eine Verständigung möglich war. Es ist den Menschen auf dem Weg so wichtig ihre hoffnungslose Lage mit zu teilen.

WDR Radiobeitrag
Die freie Journalistin Nina Meuters hat uns im Februar 2016 in Çeşme/Türkei begleitet.
Ihre Eindrücke können Sie in dem Radiobeitrag vom 01.04.2016 beim WDR hören. Jetzt anhören.

ARD-Mittagsmagazin (Ein Bericht über die Situation und unseren Einsatz in Çeşme zum Jahreswechsel 2015/2016)

cesme

von li nach re Kimia, Nathan, Bita, Natasha, Iris

by AVICENNA Kultur- und Hilfswerk e.V.