Perspektiven – Ein Dokumentarfilmworkshop in Sulaymaniyah

1. EINLEITUNG

In einer zunehmend vernetzten Welt eröffnen neue Medien vielfältige Möglichkeiten, Perspektiven sichtbar zu machen. Doch oft fehlt es an den notwendigen Voraussetzungen und Fähigkeiten, um diese Chancen zu nutzen.
Der Dokumentarfilmworkshop „Perspektiven“ in Sulaymaniyah, Kurdistan-Irak, zielt darauf ab, jungen Menschen aus sozial benachteiligten Milieus die grundlegenden Werkzeuge des dokumentarischen Arbeitens an die Hand zu geben.
Unter der Leitung des Dokumentarfilm Regisseurs Shahab Kermani erhalten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in einem zweiwöchigen Intensivkurs Einblicke in:
  • Ideenfindung
  • Konzeption
  • Dreh
  • Postproduktion
  • Storytelling.
Das Seminar dient als Pilotprojekt für eine geplante Workshop-Reihe im Globalen Süden und wird in Zusammenarbeit mit der Gemeinschaft von Al-Khalil und dem Avicenna Kultur- und Hilfswerk e.V. durchgeführt.

2. WORKSHOP-INHALTE & ZIELE

2.1 Inhalte

  • Konzeption & Recherche: Entwicklung dokumentarischer Ideen, Themenfindung, Dramaturgie
  • Technische Grundlagen: Kameraarbeit, Ton, Licht, Interviewführung
  • Postproduktion: Schnitt, Farbkorrektur, Sounddesign
  • Storytelling & Narrative Struktur: Aufbau einer dokumentarischen Erzählung
  • Ethik & Verantwortung: Umgang mit Protagonisten, sensible Themen

2.2 Ziele

  • Vermittlung praktischer Fähigkeiten zur Produktion von Dokumentarfilmen.
  • Ziel des Seminars ist die eigenständige Produktion einer Reihe von dokumentarischen Miniaturen, um das Gelernte umzusetzen.
  • Stärkung der Medienkompetenz und Selbstermächtigung marginalisierter Gruppen
  • Förderung des interkulturellen Dialogs durch dokumentarisches Erzählen
  • Aufbau eines Netzwerks für zukünftige Filmprojekte in der Region

2.3. Timeline

  • Tag 1-3 Einleitung: Dokumentarfilmgeschichte, Dokumentarfilmgenres, Beispiele
  • Tag 3-6 Techniken & Technik: Interviews, Bildsprache, Narrative Struktur, Vorproduktion, Produktion Kamera, Licht, Ton, Postproduktion, Vermarktung
  • Tag 6-9 Entwicklung eigener Projekte
  • Tag 9-12 Dreh und Schnitt Eigener Projekte (Freitags Feiertag)

3. ZIELGRUPPE & TEILNEHMER

Der Workshop richtet sich an:
  • Junge Erwachsene aus Sulaymaniyah und Umgebung, insbesondere aus sozial schwachen Milieus
  • Menschen mit Fluchthintergrund, deren Stimmen oft marginalisiert werden
  • Künstler, Aktivisten und Medienschaffende, die dokumentarische Methoden erlernen möchten
Die Teilnahme ist kostenlos, um finanzielle Hürden abzubauen.

4. DURCHFÜHRUNG & PARTNER

4.1 Seminarleitung: Schahab Kermani

Schahab Kermani ist ein Dokumentarfilmer mit langjähriger Erfahrung im Nahen Osten. Seine Filme behandeln soziale, politische und kulturelle Themen und wurden international gezeigt. Er hat bereits Workshops im Filmhaus Köln, Beratungscentrum Mohnheim und vor Ort in Sulaymaniyah (2017, Dokumentarischen Fotografieren) geleitet. Kermani war zudem verantwortlich für eine Reihe von internationalen, gemeinnützigen Einsätzen des Avicenna Kultur- und Hilfswerks.

 


Filmografie:

2008 Animigration (Animation Digital/Analog – Deutschland)
2009 Die Bildhauer (Dokumentarfilm kurz – Deutschland)
2011 Girls in the Desert (Dokumentarfilm lang – Iran)
2012 Die Suche (Dokumentarfilm lang – Iran, Türkei, Marokko, Indien)
2014 Es graut vor dem Morgen (Spielfilm kurz – Deutschland)
2018 Revolvermann (Spielfilm lang – Deutschland)
2020 Die Konferenz der Vögel (Dokumentarfilm lang – Irak)
2025 Mar Musa (Dokumentarfilm lang – Syrien)

Preise:

San Gio Verona – Preis für Beste Regie, Religion Today Festival – Special Mention – Stranger then fiction – Official Selection, FICKIN – Offical Selection, Moving Film Festival – Semi-Finalist

Partnerorganisationen:

Gemeinschaft von Al-Khalil:

1982 von Jesuitenpater Paolo Dall’Oglio gegründet, hat sich dieser außergewöhnliche christliche Orden der Liebe zum Islam verschrieben.
International bekannt für seine Friedens- und Dialogarbeit, wurde die Gemeinschaft eingeladen, eine Präsenz im Irak aufzubauen. In Sulaymaniyah entstand rund um ein kleines Kloster unter der Leitung von Pater Jens Petzold ein Ort der Begegnung und Weiterbildung.
Mit einem breiten Angebot an Kursen und Seminaren verfolgt die Gemeinschaft stets das Ziel, Menschen zusammenzubringen und Begegnungen Raum zu geben.
Daher fügt sich der Dokumentarfilmworkshop „Perspektiven“ ideal in das Programm ein und findet in der Gemeinschaft einen Partner mit langjähriger Erfahrung in diesem Bereich.

Avicenna Hilfs- und Kulturwerk e.V.:

Gegründet 1989, ist der Avicenna Hilfs- und Kulturwerk e.V. ein gemeinnütziger Verein, der sich auf Kultur- und Hilfsprojekte spezialisiert hat.
Zu seinen Schwerpunkten zählen sowohl Nothilfeprogramme als auch langfristige Unterstützungs- und Ausbildungsmaßnahmen für Geflüchtete und Menschen mit Fluchthintergrund.
Der Verein ist international aktiv mit Einsätzen und Partnerschaften in: Der Türkei, Griechenland, Serbien, Bangladesch, Jordanien, Irak, Iran, Syrien, Madagaskar, Ukraine, Äthiopien, Kenia und Tansania.
Neben akuter Nothilfe liegt der Fokus von Avicenna darauf, Menschen langfristig Perspektiven zu eröffnen und ihnen Werkzeuge für ein selbstbestimmtes Leben an die Hand zu geben.
Bereits 2017 kooperierte Avicenna mit der Gemeinschaft von Al-Khalil bei einem Theaterprojekt für Geflüchtete im Irak. Das Projekt wurde vom deutschen Auswärtigen Amt gefördert. Aktuell baut der Verein gemeinsam mit der Gemeinschaft eine Reihe interreligiöser Traumaarbeitsgruppen in Syrien auf.

5. FAZIT & PERSPEKTIVEN

In einer globalisierten Welt sind vielfältige Erzählungen essenziell, um Machtungleichgewichte auszugleichen und Verbindungen und Verständnis zwischen Kulturen zu schaffen. Social Media und unabhängiger Journalismus haben den Diskurs in der jüngeren Geschichte maßgeblich geprägt und erweitert.
Das Netz globaler Gemeinschaften ist ein Netz aus Perspektiven, das nur wenn alle Seiten angemessen repräsentiert sind, auch einen ausgewogenen Blick auf eine gemeinsame globale Gesellschaft ermöglicht und entsprechend verantwortungsvolles Handeln begünstigt. Die eigene Perspektive, gerade im Kontext von Krieg oder Krise, an die Öffentlichkeit zu tragen, fördert Selbstwirksamkeit und damit Zukunftsperspektive.
Die soziale Arbeit des Avicenna Kultur und Hilfswerks, sowie auch die Arbeit des Ordens von Al-Khalil legt stets den Fokus auf die Würde des Menschen, die durch eine solche Selbstwirksamkeit gefördert werden kann und auf die Nachhaltigkeit, die rein materielle Hilfeleistungen weit überdauert.
Dieser Workshop soll den Teilnehmern und Teilnehmerinnen ein narratives und technisches Fundament geben, aus dem heraus sie ihre eigenen Perspektiven an die Öffentlichkeit bringen können. Durch die Vermittlung von Handwerkszeug, praktischer Erfahrung und dem daraus entstehenden Selbstvertrauen trägt das Projekt dazu bei, marginalisierte Geschichten hörbar zu machen und den interkulturellen Dialog zu stärken.
Als Pilotprojekt soll der Workshop in Sulaymaniyah die Grundlage für eine Reihe ähnlicher Seminare in anderen Regionen des Globalen Südens bilden.
Nach Abschluss des Pilotprojekts wird ein detaillierter Plan zur Skalierung und langfristigen Finanzierung der Workshop-Reihe entwickelt, basierend auf den Erfahrungen und dem Erfolg in Sulaymaniyah. Das daraus entstehende Programm hat das Ziel langfristig eine diverse und nachhaltige Medienlandschaft zu fördern, bei dem die Narrative von den Menschen im Mittelpunkt der Geschichten maßgeblich mitbestimmt und damit eine umfassendere Blick auf eine gemeinsame Globale Gesellschaft gewährleistet wird.
Schahab Kermani

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