|

Die Würde des Menschen

Flüchtlingscamp in Korinth

Die Sekunden, in denen sich Mimik, Blick, Haltung und damit verbunden die Ausstrahlung eines Menschen verwandeln, in denen er/sie nach Monaten oder Jahren der Unterdrückung und Flucht, die Gelegenheit erkennt und ergreift, selber mit zu helfen, prägen sich ins Herz. Ohne viel darüber zu sprechen, finden sich direkt Helfer für den Aufbau der medizinischen Zelte, der Verteilung der Zettel mit Nummern, der Ordnung der Menschenschlangen und beim Übersetzen. Über die Hälfte der Campbewohner, vor allem Frauen und Kinder, finden sich zur medizinischen Behandlung im Behandlungszelt ein.

Aber auch bei der medizinischen Arbeit berührt vor allem diese Veränderung im Blick und diese Entspannung in der Haltung, wenn die Menschen erkennen, dass sie jemandem von ihrem Schicksal erzählen können, von allen ihren Wunden, dass sie doch nicht ganz vergessen worden sind.

Wir sind aber auch wie so oft berührt von der Bescheidenheit der Menschen, von der Demut mit der sie ihr Schicksal ertragen, ihrer Ausdauer und ihrer Dankbarkeit und Freude über die so kleine Hilfe.

Schnell breitet sich diese kleine Erleichterung aus und bald entsteht auch ein Gefühl von Zusammengehörigkeit. Und als es dann darum geht, die Kleider der zahlreichen Helfer aus Deutschland an die inzwischen fast 700 Bewohner des neuen Lagers in Korinth zu verteilen, finden unsere beiden Kölner Freunde, Arman und Daniel, die die Kleidung hierher gefahren haben, direkt tatkräftige Unterstützung.

Eigentlich wollten wir wieder nach Lesbos, aber Rafat und Neda von human 4 humanity, die dort seit drei Jahren unermüdlich geholfen haben, berichteten uns von diesem neuen Lager, in dem es noch kaum Hilfe von NGO’s gibt. Jetzt helfen sie hier, verteilen u.a. von uns finanzierte Lebensmittel und unterstützen uns bei der Organisation der medizinischen Arbeit und der Kleidersortierung. Diese stammen aus der Sammlung, zu der wir zusammen mit Isabel Shayani aufriefen. Unsere Freunde Arman und Daniel haben sie mit Armans Wagen hergefahren und kümmern sich um die sehr schwierige Verteilung. Die Campleitung sagte zu, beim Ministerium einen Lagercontainer zu beantragen, in dem unsere Kleider und andere Hilfsgüter gelagert und zugänglich gemacht werden können.  Zunächst bringen wir unsere Kleider in das Kleiderlager der Flüchtlingshilfsorganisation Khora (siehe Foto). Dort kommen jeden Tag hunderte von bedürftigen Menschen hin und suchen sich etwas für sich aus. Auch versorgt Khora Squads in Athen sowie Lager auf dem Festland und den Inseln. Sobald das Lager auf Korinth einsatzfähig ist, kann es von hier aus und durch weitere Lieferungen aus Deutschland befüllt werden.

Wir sind die ersten Ärzte vor Ort und die Lage im Camp entspannt sich etwas, als die Menschen merken, dass ihnen geholfen wird. Aber sie leben weiterhin ohne Privatsphäre auf engem Raum in großen Zelten und bekommen nicht genug zu Essen. Es gibt auch noch keine Heizung oder warmes Wasser. Die Umsetzung der Hilfe von NGO’s erfolgt langsamer als der weitere Zustrom von den Inseln. Und statt nach einer Woche weiter gebracht zu werden, wie man ihnen anfangs gesagt hatte, warten die meisten seit einem Monat hier. Vielen sieht man die Unterernährung an und viele leiden unter den Folgen der mangelnder Hygiene. Wie es weiter geht, weiß keiner.

Wir danken für Ihre ideelle, materielle und tatkräftige Unterstützung, unseren beiden Helfern aus Köln sowie den Helfern vor Ort.

 

Ähnliche Beiträge

  • |

    Idomeni im Juni 2016

    Ein Bericht unserer Freundin Eva Baehren, die seit drei Monaten in Idomeni hilft und von Avicenna unterstützt wird. Idomeni ist inzwischen plattgewalzt und leer. In den ‚wilden‘ Camps in der Umgebung verstecken sich noch etwa 3000 Menschen, um nicht in ein Militärlager transportiert zu werden. Denn dort ist die Versorgung katastrophal und es gibt keine…

  • | |

    Avicenna-Einsatz in der Türkei

    Avicenna war kürzlich in der Türkei, um unser Schulprojekt sowie unsere Freunde und Partner bei TIAFI zu besuchen.   Unser Schulprojekt Der Unterricht läuft nach wie vor gut und wir haben für die zehn fortgeschrittensten Schüler jetzt die dritte Klasse eröffnet. Es erfüllt uns mit großer Freude, wenn wir sehen, zu welch festem Bestandteil sich…

  • |

    Idomeni

    Das Sperren der mazedonischen Grenze hat Tausenden von Menschen, die auf der Flucht sind, die Hoffnung auf Freiheit und Sicherheit genommen und ihre Not unmenschlich vergrößert. Diesen März helfen dort Freunde von Avicenna, vor allem Arman, Friederike und Eva  mit unserem privaten Wohnmobil und Hilfsgütern, auch von Islamic Relief aus Köln.  Sie versuchen, so gut…

  • |

    Athen im Juni 2019

    Nach einem knappen halben Jahr bin ich wieder zurück in Athen. Vieles hat sich verändert und vieles ist immer noch so wie im Winter. Noch immer leben die Flüchtlinge in den Squats (besetze Häuser) im Anarchisten-Viertel. Nur ist die Frage wie lange noch. Die neue Regierung hat damit geworben, die Häuser zu räumen. Und mit…

  • |

    Thessaloniki im Herbst 2018

    Zur Zeit warten ca 20.000 Migranten auf den griechischen Inseln auf ein menschenwürdiges Leben – dreimal so viele, wie in den Lagern Platz haben. Laut offiziellen Angaben wurden zwischen dem 1. Mai und Ende August 2018 bereits 3.950 Flüchtlinge zum griechischen Festland gebracht. Im gleichen Zeitraum seien aber 5.450 neue Migranten aus der Türkei angekommen….

  • |

    Unsere Schulprojekte

    Unsere Schulprojekte in der Türkei Die Situation ist für die meisten syrischen Familien in Izmir unverändert. Für einen Großteil der Familien reicht es nur für das aller Notwendigste und die Anschaffung der Schulsachen nebst Schulkleidung (in der Türkei tragen die Kinder Schuluniformen) ist für viele eine große Herausforderung. Neben unserer monatlichen Unterstützung mit Lebensmitteln konnten…

Ein Kommentar

  1. Hallo, ich habe kürzlich im Fernsehen, eine junge deutsche Frau gesehen, die in Moria in der Kunstschule gearbeitet hat und einen Tag vor dem Brand nach Deutschland zurück ist. Sie ist die Tochter von der Dame links im Bild mit dem Kopftuch. Wir, der Bayerische Rundfunk, würden gerne mal mit ihr für unseren täglichen Podcast das „Tagesticket“ ein Interview führen. Können Sie mir ihren Namen sagen oder sie bitte mit mir in Kontakt zu treten? Das wäre sehr nett. Herzliche Grüße Astrid Himberger

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert